Die Fatigue, eine spezielle Form der Müdigkeit bei Krebspatient:innen, ist zwar in der Gesellschaft noch weitgehend unbekannt, stellt jedoch eine ernsthafte Belastung für Betroffene und ihr Umfeld dar. Die Krebsliga stellt wertvolle Ressourcen und Programme zur Verfügung, um Menschen bei der Bewältigung von Fatigue zu unterstützen und ihnen zu helfen, ins Leben zurückzufinden
In jedem von uns schlummert eine enorme Stärke, die uns befähigt, die härtesten Herausforderungen des Lebens zu bewältigen. Doch was, wenn diese Stärke von einer unsichtbaren Erschöpfung namens «krebsbedingte Fatigue» (CRF) herausgefordert wird? Diese unscheinbare, aber äusserst belastende Begleiterscheinung betrifft nicht nur den Körper, sondern auch die Seele von Krebsbetroffenen. Während wir alle Tage erleben, an denen wir erschöpft sind und «nicht mehr können», ist dies für viele Betroffene mit Fatigue kein sporadisches Ereignis, sondern ein täglicher Begleiter. Dieser manifestiert sich in Form von Müdigkeit bis zur Erschöpfung, körperlicher Schwäche und Schlafstörungen, was eine Vielzahl von Folgebeschwerden Beschwerden verursacht. Betroffene haben oft Schwierigkeiten, den Alltag zu bewältigen, und leiden unter Konzentrationsproblemen sowie an einem Mangel an Motivation für alltägliche Aktivitäten. Zusätzlich können starke emotionale Reaktionen wie Niedergeschlagenheit und Reizbarkeit auftreten und körperliche Anstrengung kann zu langanhaltendem Unwohlsein führen.
Michèle Künzle, Mitarbeiterin der Begegnungszentren der Krebsliga Zürich und Fatigue-Expertin, beschreibt es treffend: «Diese Menschen sind durch und durch erschöpft.» Fatigue ist somit weit mehr als nur Müdigkeit. Sie ist ein unsichtbarer Gefährte, der sich oft während und nach der Krebsbehandlung in das Leben der Betroffenen einschleicht. Etwa 80 Prozent der Menschen, die gegen den Krebs kämpfen, erleben sie während der Therapie, und bei 40 Prozent von ihnen verschwindet laut Künzle die Erschöpfung auch nicht, wenn der Behandlungsplan abgeschlossen ist.
Ursachen von Fatigue
Wie entsteht eigentlich diese quälende Müdigkeit, die krebsbedingte Fatigue auslöst? Ein Blick in die Literatur zeigt, der Tumor selbst verursacht eine tiefgreifende Müdigkeit, abhängig von den betroffenen Organen und der Art des Krebses. Das rasche Zellwachstum des Tumors erschöpft den Körper, beeinflusst den Stoffwechsel und kann den Schlaf-Wach-Rhythmus sowie das Immunsystem stören – dies ist im Fachjargon als «Tumorkachexie» bekannt. Oft gehen damit verminderter Appetit und Muskelverlust einher.
Neben der Krankheit selbst können beim Krankheitsbild Fatigue auch operative Eingriffe, welche im Rahmen einer Krebstherapie vorgenommen werden, eine entscheidende Rolle spielen. Diese Müdigkeit resultiert aus verschiedenen Faktoren, darunter Narkose, Blutverlust, Hormon- und Mineralienveränderungen, Die Fatigue, eine spezielle Form der Müdigkeit bei Krebspatient:innen, ist zwar in der Gesellschaft noch weitgehend unbekannt, stellt jedoch eine ernsthafte Belastung für Betroffene und ihr Umfeld dar. Die Krebsliga stellt wertvolle Ressourcen und Programme zur Verfügung, um Menschen bei der Bewältigung von Fatigue zu unterstützen und ihnen zu helfen, ins Leben zurückzufinden. schmerzhafte oder langsam heilende Wunden, Infektionen, schmerzlindernde Medikamente, Schlafprobleme und mangelnde körperliche Aktivität.
Der Operation folgen oft unterschiedliche medikamentöse Therapien zur Behandlung von Krebs, darunter Chemotherapie, zielgerichtete Therapien, Immuntherapie und antihormonelle Therapien. Diese Medikamente haben verschiedene Wirkungsweisen und können Nebenwirkungen wie Müdigkeit verursachen. Einige Medikamente beeinflussen die Funktion des Knochenmarks, was die Produktion von roten und weissen Blutkörperchen sowie von Blutplättchen beeinträchtigen kann. Eine verringerte Produktion von roten Blutkörperchen führt zu Blutarmut (Anämie), was wiederum zu Erschöpfung führen kann. Letzten Endes kann die Einnahme von Nahrung sehr unangenehm werden, wenn diese Medikamente die Mundschleimhaut reizen, entzünden oder verletzen oder den Appetit mindern, was zu Nährstoffmangel führt – insbesondere aufgrund von Erbrechen oder Durchfall.
Abgesehen von den genannten physischen Ursachen führen Fachpersonen Fatigue auch auf psychische Faktoren zurück. Die Diagnose und Behandlung von Krebs können bei den Betroffenen Ängste, depressive Verstimmungen oder Depressionen auslösen oder verstärken. Das Leben mit Fatigue ist für sie eine zusätzliche psychische Belastung, die oft mit der Bewältigung von Alltagsbeschränkungen, Unverständnis seitens anderer Menschen und Unsicherheit bezüglich der Verbesserung der Fatigue einhergeht.
Bewegung und Ernährung als Schlüssel um mit Fatigue besser klarzukommen
Pflegefachfrau Michèle Künzle hat jedoch eine überzeugende Botschaft für alle, die mit krebsbedingter Fatigue zu kämpfen haben: Es gibt Hoffnung und Möglichkeiten, diese quälende Müdigkeit zu verringern. Um besser mit ihrer Fatigue umgehen zu können, müssen Betroffene lernen, diese genauer zu verstehen. Das bedeutet, die eigene Energiebilanz zu erkennen, zu wissen, was Energie gibt und was sie nimmt. Dies ist eine Herausforderung für die meisten Betroffenen und es erfordert Zeit, neue Verhaltensweisen zu erlernen.
Körperliche Bewegung kann dabei ein zentraler Ansatz sein, um Fatigue zu reduzieren und die Lebensqualität zu verbessern. Selbst sanfte körperliche Aktivitäten können sehr effektiv sein, um Erschöpfung entgegenzuwirken. Es ist wichtig, dass Betroffene sich nicht übermässig schonen oder übermässig Bettruhe halten, da dies die Fatigue eher verstärken kann. Darüber hinaus spielt die Ernährung eine entscheidende Rolle. Fehl- und Mangelernährung führen zu einem schwindenden Energielevel, geschwächtem Immunsystem und zu allgemeiner Schwäche. Eine angemessene Ernährung, die auf die individuellen Bedürfnisse abgestimmt ist, kann die Fähigkeit des Körpers erhöhen, eine Krebserkrankung und deren Therapie zu bewältigen.
Die Krebsliga Zürich ist an der Seite der Betroffenen, um ihnen in diesem Kampf beizustehen. Dabei bietet sie neben Einzelgesprächen eine Vielzahl von Unterstützungsmöglichkeiten an, einschliesslich Ernährungsberatung, Selbsthilfegruppen und Kurse zu Themen wie Kraft, Ausdauer, Entspannung und Achtsamkeit. Besonders stolz ist Künzle auf die Fatigue-Kurse, in denen Betroffene nicht nur mehr über ihre Erschöpfung erfahren, sondern auch lernen, ihre Energie bewusst zu nutzen. Die «Fatigue-Management-Schulung» ist Teil eines umfassenden onkologischen Rehabilitationsprogramms der Krebsliga Zürich und kann individuellen Bedürfnissen angepasst werden. Künzle: «Indem man seine Energie besser managt, kann man die Lebensfreude zurückgewinnen und die Lebensqualität steigern.»
Weiterführende Informationen
Fatigue-Management-Kurs
Im 2024 bieten wir in Zürich und Winterthur verschiedene Fatigue-Management-Kurse an. Die nächste Durchführung startet in Zürich im Mai 2024.